Lizzi 02 - Lizzi und die schweren Jungs by Marschall Anja

Lizzi 02 - Lizzi und die schweren Jungs by Marschall Anja

Autor:Marschall, Anja [Marschall, Anja]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7466-3218-6
veröffentlicht: 2020-01-28T16:00:00+00:00


28

Mareike saß am Küchentisch und starrte den kalten Kaffee in ihrem Becher an, als das Telefon plötzlich klingelte. Hastig griff sie zum Apparat, wobei sie den Becher fast umstieß. Die braune Brühe schwappte gefährlich über den Rand.

»Mirko?«

Es war Céline, die Klassenkameradin ihres Sohnes. Stotternd erzählte sie, dass ein Gerücht in der Schule die Runde mache, wonach Mirko beim alten Schlachthof gesehen worden sei.

»Der Schlachthof beim Dom?«

»Ja.«

Mareike bedankte sich und legte auf. Keine drei Minuten später lenkte sie ihren Fiat in den Stadtverkehr hinein. Ihr Herz pochte rasend schnell. Die Haut kribbelte, und ein leichtes Zittern ging durch ihren Körper. Sie versuchte sich Worte zurechtzulegen, die sie ihm sagen würde. Besorgt dachte sie daran, dass er ebenso gut vor ihr weglaufen könnte.

Die Ampel an der Kreuzung schaltete auf Rot. Mareike fuhr dennoch weiter. Sie würde ihm bestimmt keine Vorwürfe machen. Ganz bestimmt nicht. Sie schwor sich, ruhig zu bleiben.

Plötzlich klingelte das Telefon in ihrer Tasche auf dem Beifahrersitz. Mareike zuckte erschrocken zusammen.

Sie fuhr nach rechts auf einen Fußweg, wo der Wagen holpernd zum Stehen kam. Umständlich kramte sie ihr Handy aus der Tasche. Ihre Hände waren schlagartig von Schweiß bedeckt. Sie hoffte, es wäre Mirko. Doch die Nummer auf dem Display kannte sie nicht.

»Ja?« Sie hatte sich angewöhnt, ihren Namen am Telefon nicht zu nennen. Es war eine reine Vorsichtsmaßnahme, die ihr ein Ratgeber für angehende Detektive empfahl, den sie in der Stadtteilbücherei ausgeliehen hatte. Außerdem hatte sie Angst.

»Frau Gödecke?«, drang es leicht verzerrt an ihr Ohr.

Es war Mirkos Lehrerin. Am liebsten hätte Mareike sofort aufgelegt, aber es war zu spät.

Mist, die Frau hatte sie völlig vergessen.

»Hallo?«, rief Mareike in das Telefon, dabei kratzte sie mit ihrem Fingernagel über das kleine Mikrofon. »Wer ist da? Ich kann Sie nicht verstehen. Die Verbindung … zu schlecht.« Wieder kratzte sie.

»Frau Gödecke!«, rief die Lehrerin. »Es geht um Mirko!«

»Hallo? Sprechen Sie doch lauter! Ich kann Sie ja gar nicht verstehen.«

»Ich werde heute das Jugendamt einschalten müssen. Hören Sie mich?«

»Wer ist denn da?«, schrie Mareike ins Handy.

»Gundert, die Lehrerin von Mirko. Wo ist Ihr Sohn?«

Kratz, kratz. Das hätte Mareike selbst gern gewusst. Mit viel Glück lungerte der Junge irgendwo beim alten Schlachthof herum. »Rufen Sie später doch noch einmal an. Ich habe hier keinen guten Empfang.« Sie legte auf.

Ihr Herz pochte laut. In den Adern pumpte das Blut, als sei sie auf der Flucht. Wut überkam Mareike. Wie konnte die Frau nur das Jugendamt einschalten? Jungs in dem Alter waren nun einmal nicht einfach. »Das nennt man Pubertät!«, schrie Mareike das Handy in ihrer Hand an.

Jugendamt! Wenn ihr Ex das erfuhr, würde er sich die Hände reiben. Schneller als sie gucken konnte, wäre der Junge dann für immer weg. Was natürlich nur zu Mirkos Besten sei, wie ihr Ex sicherlich süffisant erklären würde.

Wie konnte der Junge sie nur in so eine Lage bringen?

Na, warte!, schwor sie sich. Wenn ich dich finde, kannst du was erleben!

Sie ließ den Wagen wieder an und betätigte den Blinker.

Schon längst hätte sie ihren Sohn bei der Polizei als vermisst melden müssen.



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